WALNÜSSE
Dieses Thema beginnt mit der Geschichte eines meiner Vorfahren:
Andreas Bader (1723 – 1793) wuchs als Kind von Leibeigenen in einem Außenbezirk von Siebenbürgen, dem sogenannten „Achten Richterstuhl“, auf. Die deutsche Bezeichnung seines Heimatdorfes war Nadesch. Seine Schulzeit fiel in die 30er Jahre des 18. Jahrhunderts und seine drei Schulorte Mediasch, Schäßburg und Kronstadt blieben für ihn Orte, an die er sich später gern erinnerte. Der offensichtlich begabte Junge wurde aus der Leibeigenschaft freigekauft. Zum Studium begab sich Andreas Bader nach Lutherstadt Wittenberg. Bei seinem Abschied bekam er von seiner Mutter ein Beutelchen mit Nüssen. Schließlich fand er als Lehrer Arbeit in Jüterbog, in der Nähe von Wittenberg. Nach Nadesch kam er nie mehr zurück. Vier Jahre vor seinem Tod schrieb er einen langen und dankbaren Abschiedsbrief an seinen Heimatort. Dieser Brief schloss mit folgenden Worten: „Daß der Mensch sterben muß, ist gewiß – aber wo und wann?“ .
Für mich, als inzwischen ebenfalls Aus- und Eingewanderte ist es nachvollziehbar, dass Andreas Bader die Frage des „Wo?“ stärker zu sein schien, als die des „Wann?“.
In meiner Bearbeitung dieses Themas porträtierte ich verschiedene Walnüsse. Anhand von Kupferstichen von 1738, die Andreas Baders drei Schulorte zeigen, gestaltete ich fiktive Fotografien zu seiner Geschichte mit Hilfe von Gummidruck ¹. Im Vorfeld meiner Examensarbeit änderte ich dieses Verfahren so, dass ich die Drucke auf festem, leinwandbindigem Baumwollgewebe (Kanevas) ausführte, anstatt auf Papier. Dies ermöglichte mir, im Anschluss eigene Kommentare dazusticken zu können.
Die Geschichte von Andreas – oder was von ihr noch übrig war – hörte ich in meiner Kindheit von meinem Großonkel Ernst Bader, einem begnadeten Erzähler.
Mir blieb es damals unerklärlich, warum Andreas seine Nüsse nie aß oder pflanzte. Auch für diese Tatsache habe ich inzwischen mehr Verständnis…
¹ Gummidruck: wasserlösliche Farbpigmente in Gummi arabicum werden verwendet, um ein positives photografisches Bild zu erzeugen. (Siegfried Utzig: www.edeldruck.org) |